Seer - Fesch – Wie aus Kreise Wellen werden - Promigeflüster

Seer – Fesch – Wie aus Kreise Wellen werden

Seer – neues Album „Fesch“ am 27.03.2015

Der geografische Mittelpunkt, das Herz Österreichs. Salzkammergut. Der See ruht wie eine blaue Glasplatte zwischen den Bergen. In seiner Mitte dreht sich ein kleines Boot langsam um die eigene Achse. Es ist nicht irgendeines, sondern vielmehr genau jenes Boot, welches die SEER seit 19 Jahren begleitet. Die Band hat zahlreiche Alben im Laufe der Karriere heraus gebracht und fast – die Ausnahmen sind rar – auf jedem Plattencover findet sich irgendwo dieses kleine Boot in der Grafik. Das Boot und zwei Insassen. „Plättn – so heißen diese Boote bei uns im Salzkammergut“, stellt Fred klar und der muss es wissen, denn Fred Jaklitsch ist SEER. Um den See dreht sich bei uns Vieles. Nicht alles, aber fast alles. Er ist quasi unser Biotop aus dem wir herstammen, mit dessen Wasser wir getauft sind und die Plättn begleitet uns von Anfang an. Sie ist mehr als nur ein grafisches Element, sie ist vielmehr ein Sinnbild für uns. ‚Stell dir vor, wir sitzen jetzt quasi am Cover unserer neuen CD. Die hat einen kurzen Titel: Fesch
Fesch – ein Ausdruck für ein positives Lebensgefühl, denn „fesch“ geht über die Optik hinaus, eine Beschreibung von etwas Passendem, Stimmigen. „Fesch kann vieles sein, eine plötzlich Parklücke, eine Einladung zum Kaffee, von der kleinen Alltagsfreude bis zur großen Überraschung, aber in jedem Falle eine Wohlfühlsituation, eine, wie wir sie auch mit diesem Album schaffen wollen“, sagt Fred, greift dabei in seine Tasche und holt eine Handvoll kleine Steine hervor. „Wennst genau hinschaust dann siehst du, dass am Cover geplattelt* wird…“ und während Fred das sagt, plattelt er den Stein über die Oberfläche des Sees. Der Stein hüpft, berührt kurz den Wasserspiegel und hebt dann wieder ab. „Schau“, meint Fred dann, „mit dem Plattln ist es ein wenig wie mit unseren Liedern. Diese entstehen aus dem Leben heraus. Sie sind kleine Geschichten die auf die Reise geschickt werden. Manche hüpfen weit, andere noch weiter und werden ganz große Hits, und einige springen nur zwei-, dreimal und tauchen nicht wieder auf. Was aber bei allen gleich ist: Dort wo sie am Wasser auftreffen, entstehen Kreise und daraus werden Wellen, die sich fortsetzen, bis sie das Ufer erreicht haben. Das gilt auch für (unsere) Musik: Die Silberscheibe ist der Stein, losgeschickt, um mittels (Schall)wellen die Herzen der Menschen zu erreichen“, philosophiert Fred. Ihm liegt viel daran, musikalische Abwechslung zu bieten, auch ungewohnte Themen anzuschneiden, dabei immer das typische „Seerische“ zu betonen; andersrum ausgedrückt: „Aus jedem Dorf ein Hund, aber bellen sollten sie alle in Richtung See!“ Der Zeitgeist ist chaotisch, da braucht es Rückzugsgebiete, Auftankphasen des Lebens, akustisch und textlich wollen die SEER das bieten. Das private Leben der SEER unterscheidet sich nicht von dem der Zuhörer. Die Lebensentscheidungen sind oft dieselben, dieses Gefühl im selben Boot zu sitzen, es miteinander leichter zu haben, sind mitunter auch wesentlich beim Liederschreiben. „Wenn sich der Zuhörer in den Liedern wiederfindet ist ein großes Ziel erreicht“, meint Fred und nimmt den nächsten Stein. „Das ist der Fesch-Stein. Der fetzt…“
Der fetzt richtig. Der Titelsong der CD Fesch ist ein Hammer, spielt mit Country-, mit Hillbilly- Elementen, dazu die Pedal Steel Guitar und das macht den Song zum perfekten Türöffner zu einem Album, das sich als eines der buntesten in der SEER Discografie darstellt. Oder Bledsinn – Auch so ein unorthodoxer, lustiger, lebensfroher Titel. Entfesselte Volkmusik in der sich Jürgen Leitner auf seiner Harmonika austoben darf. Juchitzer, Drumsgrooves von Wolfgang Luckner, harte Gitarren von Thomas Eder. Es ist angerichtet!
Im Lied 100+ treiben es die SEER noch bunter, noch lustiger. Im Uptempo und einigen, aus der Pop- Geschichte gut bekannten ‚Let’s all Chant-whoo-whoos‘ geht’s thematisch darum, dass uns die Wissenschaft irgendwann, vielleicht sogar in naher Zukunft ermöglicht, dass 100 das neue 60 sein wird. Der Tendenz zur Demenz entgegen singen.
* Erklärung für „platteln“: „Schau so geht das: Du gehst in die Knie, ganz runter so, dass du mit der Hand ganz knapp oberhalb vom Wasserspiegel bist. Dann schmeißt du aus dem Handgelenk den Stein so, dass er sich dabei ganz schnell dreht und auf der Wasseroberfläche mehrmals aufschlägt.“ „Platteln“ heißt das im Salzkammergut. So ein Plattlerstein ist auch am Cover der neuen SEER CD zu sehen
Im klassischen SEER-Sound, der durch Harmonien der Stimmen geprägt ist und sich in den großen Balladen am schönsten ausbreiten lässt, sorgen Lieder wie Seelenzwilling oder Gletscherträne für berührende Momente. Vor allem Gletscherträne ist stimmlich und musikalisch wie inhaltlich großes Kino zum Anhören und Nachdenken.
Herrscht freies Spiel der Kräfte und sind die Leinen los, dann entstehen so Songs wie Rock n Roll Himmi. Grandios, das freut auch SEER Bassist Dietmar Kastowsky und SEER Keyboarder Mario Pecoraro! Da findet sich nicht nur ein Musiker in dem Lied. Gerade die Generation der Babyboomer, die nix ausgelassen hat, freut sich darauf vielleicht mit Jimi und John oder Janis im Himmel nochmal die Zeiten Revue passieren zu lassen und die waren alles andere als langweilig. Aber gemächlich, nicht gleich, nicht jetzt! Aber drüber Singen wird man schon dürfen und wenn schon, dann so!
Noch ist es ja nicht so weit, noch spannt sich der Himmel über das, was in vielen Liedern der SEER so unprätentiös und kitschfrei besungen wird: Heimat, das Dahoam. Die erste Single aus dem Album Fesch heißt Kimm guat hoam. Abschied nehmen und die Wiederkehr ist fraglich. Nur mit dem richtigen Klang in der Stimme werden solche Lieder zu großen Liedern, verflachen nicht im Einerlei. Bei den SEER Stimmen Sassy Holzinger und Astrid Wirtenberger sind die ausdruckstarken Balladen gut aufgehoben. Sie bringen den SEER-Sound zum Schweben, machen die Band somit unverwechselbar. Hoamweh noch euch 2 oder Gibt Leichteres oba nix Schöneres sind solche Beispiele. Ob auf der Bühne wie auch auf CD, es sind einfach schöne Lieder. Darunter auch der wohl erfolgreichste SEER Hit „Wilds Wossa“! der als Neuaufnahme in einer interessanten Fassung „klassisch-fesch“ als Bonus und somit als 19. (!) Lied auf die CD gepackt wurde! Ein echter Mehrwert!
Der Reihe nach fliegen die Plattler über den See. „Jedes Lied a Plattler“, freut sich Fred und zeigt auf die Kreise die sie ziehen. „Siehst du, nichts bleibt einfach so ungehört. Irgendwann trifft jede dieser Wellen aufs Ufer und dann sind die Lieder angekommen“. Und der letzte Stein, der da noch in der Hand ruht? „Der fliegt für Sitz di zum See auf die Reise… In diesem Lied geht’s ums Entschleunigen. Es ist so eine Art Rustikal-Reggae und die Botschaft ist klar: Wenn das Burn-out droht, dann braucht der Mensch einen Blitzableiter. Wenn alle etwas von dir wollen, dann hock dich da in die Plättn, halte die Füße in den See und denk dir einfach: Was wollt’s? Habt’s mi gern… Dann geht die ganze Quälerei in den See zu den Saiblingen und denen ist des egal… Oder du platteltst, das hilft auch wenn dir alles am Geist geht…“ Der letzte Plattler fliegt. Platsch. Platsch. Platsch und der Fred zählt bis sieben, als er dem Stein nachschaut und schließlich zufrieden nickt:. „Sieben ist a Glückszahl“ sagt er dann, setzt sich ans Ruder, hängt sich in die Riemen… „Fahr ma heim?“ „Ja, fahr ma, es gibt ja was zu tun.“ –az-

SEER Fakten:
– Alle 12 SEER Alben der letzten 12 Jahre erreichten in Folge mindestens den Platinstatus in Österreich
– Die SEER hatten bereits 8 No.1-Alben und 4 Top 3 – Platzierungen in den Österreichischen Charts
– Das jährlich statfindende Heim Open Air der SEER in Grundlsee hat jährlich 20.000 Besucher
– Die SEER haben den Amadeus Austrian Music Awards 2 x gewonnen und sind beinahe jährlich nominiert
– Die SEER sind als einziger Österreichischer Act in der Austrian Charts – Bestenliste unter „Alben“ in den Top 10 zu finden

Vom 15.4.-23.4.2015 sind die SEER auf Deutschland Tour von Passau über München, Köln nach Hamburg und Berlin (Tourdaten siehe unten). Am 02.04. sind die SEER in der TV-Show „Willkommen bei Carmen Nebel“ zu sehen (ZDF 20.15 Uhr). Das neue Album der SEER „Fesch“ wird am 27.03. veröffentlicht.

TOURDATEN:
15.04.2015 – Fellbach, Schwabenlandhalle
16.04.2015 – Ingolstadt, Saturnarnea
17.04.2015 – München, Circus Krone
18.04.2015 – Passau, Dreiländerhalle
19.04.2015 – Regensburg, Audimax
21.04.2015 – Berlin, Kleiner Fritzclub
22.04.2015 – Hamburg, Stage Club
23.04.2015 – Köln, Gloria Theater

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